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Plastikmüll statt Tauchvergnügen

HILDESHEIM. Marcella Hansch ist Architektin und seit kurzem vollzeitige Umweltaktivistin. Aus ihrer Abschlussarbeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen 2013 ist eine Lebensaufgabe geworden: das Befreien von Meer und Gewässer von Plastikmüll mit einer von ihr konstruierten Plattform. Die Fakultät Bauen und Erhalten der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaften und Kunst wollte diese junge Frau einmal kennen lernen, nicht zuletzt, um die Vielfalt der Berufswege nach einem abgeschlossenen Architekturstudium zu zeigen.

Bei den Baugesprächen an der Fakultät werden immer Personen aus der Berufspraxis eingeladen, um „die Brücke zur Praxis“ zu schlagen, wie HAWK-Professor Dr. Alfred Breukelman erläutert. „Eine ideale Ergänzung zu unseren Lehrveranstaltungen“.

„Architektinnen und Architekten setzen sich während des Studiums sehr viel mit Umweltthemen auseinander“, so Breukelman. Was machen wir mit den Baustoffen, was machen wir überhaupt mit den Materialien, die wir nutzen – zum Bauen, aber auch zum Leben – und wo bleibt eigentlich der ganze Müll, seien dabei zentrale Denkanstöße. Außerdem seien Architektinnen und Architekten gewöhnt, über den Tellerrand zu schauen und interdisziplinär an Lösungen zu arbeiten, so Breukelman. „Die optimale Grundlage, um wie Marcella Hansch ein Projekt wie ‚Pacific Garbage Screening‘ voran zu bringen.“

Und da große Themen viel Raum brauchen, fand dieses spezielle Baugespräch in der vollbesetzten Aula statt. Angefangen hatte alles mit einem Tauchgang im Atlantischen Ozean. „Ein Schlüsselmoment“, sagt Hansch. Plötzlich habe sie etwas am Fuß berührt: eine Plastikflasche. „Wenn man erst einmal drauf achtet – im Wasser, am Strand und im Supermarkt – sieht man plötzlich überall diese sinnlosen Plastikverpackungen“. Das habe sie nicht wieder losgelassen. 2015 ist ihre Konstruktion vom Institut für Wasserbau der RWTH berechnet worden, das Urteil der Fachleute: unter gewissen Annahmen funktioniert die Plattform. Da sie jetzt bald loslegen möchte, adaptiert Marcella Hansch ihre Architektur auf Flüsse und Gewässer. „Wir sind jetzt bei der Grundlagenforschung: Wie muss die geeignete Form für Flüsse aussehen, wie tief müssen wir gehen, wo ist die Konzentration von Mikroplastik am höchsten?“ Im Meer liegt der Wert bei 40 Meter Tiefe.

„Das hat schon noch mit Architektur zu tun, da die Ursprungsidee aus der Architektur stammt, und wir Architekten ein sehr globales Denken haben. Wir haben ganz viele Fachdisziplinen: Strömungslehre, Wasserbau, Bauingenieurwesen, Geographie, Biologie, Meeresbiologie – ein bunt gemischtes Team, im Prinzip ähnlich wie beim Hausbau“, sagt Hansch lachend. In fünf Jahren soll das „Haus“ einsatzfertig sein.

Was sie persönlich antreibt: „Dass wir diese Plattform auch in den Köpfen der Menschen verankern: Die Technologie, die wir entwickeln, darf keine Entschuldigung sein, dass weiter Plastik in die Meere gelangt.“ Das eigene Konsumverhalten zu überdenken, sei ein wichtiger Schritt, so Hansch und forderte das Publikum auf, am folgenden Tag einmal auf den Coffee-To-Go-Becher zu verzichten. „Jeder einzelne hat einen Einfluss!“, endete sie ihren enthusiastischen Vortrag bei anhaltendem Applaus.

Zum Hintergrund der Basisidee

Die Strömungen in den Meeren sorgen dafür, dass die Plastikteile bis zu 30 Meter unter die Wasseroberfläche gelangen. Dabei ist Plastik eigentlich leichter als Wasser und würde – bei geringer Strömung – an der Oberfläche schwimmen. Die im Vergleich zu Wasser geringere Dichte von Plastik macht sich die Plattform mit Hilfe der Architektur zu Nutze: Durch die bauchige Bauform und die unter Wasser liegende Kanalführung ist es möglich, die Meeresströmung punktuell so zu beruhigen, dass das Plastik durch seinen eigenen Auftrieb an die Wasseroberfläche steigt. Hier kann es nun auf einfachem Wege gesammelt und abgeschöpft werden – Netze, die die Meereslebewesen bedrohen würden, sind nicht nötig. Quelle: www.pacific-garbage-screening.de

Alissa Lange
Fotos: Alissa Lange

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