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HAWK übergibt Sozialbericht an die Stadt Hildesheim

HILDESHEIM. Die Stadt Hildesheim besitzt ihren ersten Sozialbericht. Dr. Susanna von Oertzen von der HAWK-Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit hat die Daten jetzt im Sozialausschuss der Stadt vorgestellt und den Bericht offiziell an Malte Spitzer, Dezernent für Jugend, Soziales, Schule und Sport, übergeben. Wozu braucht eine Kommune Sozialberichterstattung? „Ohne Kenntnisse des Sozialraums und der Lebenslagen (Jugend, Armut, Behinderung, Migration etc.) bleibt kommunale Sozialpolitik oberflächlich. Kommunale Sozialpolitik kann nur so gut sein wie die zugrundeliegende Analyse der Handlungsfelder. „Wir brauchen mehr Steuerungswissen und Sozialplanung, wir brauchen ein ‚Cockpit‘ mit belastbaren Daten – um zukünftig die knappen Mittel städtischer Sozial- und Bildungspolitik noch passgenauer investieren zu können. Mit dem Sozialbericht der HAWK kommt die Stadt Hildesheim auf ihren Weg zur Sozialplanung einen ganz wichtigen Schritt voran“, sagt Malte Spitzer, Dezernent für Jugend, Soziales, Schule und Sport der Stadt Hildesheim.

Lisa Schwarzer (SPD) Vorsitzende des Ausschusses für Soziales, Jugend und Integration, Malte Spitzer, Dr. Susanna von Oertzen, Dipl. Sozwiss. Christoph Döring B.A

Der Bericht für die Stadt Hildesheim ist der Prototyp eines Sozialberichts für eine Kommune. Entstanden ist er im Rahmen des EU-geförderten Forschungsprojekts MONIKOM an den Fakultäten Soziale Arbeit und Gesundheit sowie Management, Soziale Arbeit, Bauen der HAWK Hildesheim/Holzminden/Göttingen.

Das Projekt MONIKOM – Kommunale integrierte Sozialberichterstattung in Niedersachsen (Laufzeit insgesamt Mai 2017 – April 2019) hatte zum Ziel, einen Werkzeugkasten zur Entwicklung eines sozialräumlichen Monitorings für kleinere und mittlere Kommunen in Niedersachsen zu entwickeln.

Das Projekt MONIKOM

Forschungsprojekt MONIKOM
Kommunale integrierte Sozialberichterstattung in Niedersachsen
Förderung: EFRE Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung
Laufzeit:
Mai 2017 bis April 2019
Leitung:
Prof. Dr. Gerhard Litges, HAWK in Holzminden
Bearbeitung:
Dr. Susanna von Oertzen, HAWK Hildesheim
Dipl. Sozwiss. Christoph Döring B.A., HAWK Hildesheim
Prof. Dr. Annette Harth, Hochschule Bremen
Unter Mitarbeit von:
Johanna Kortmann, B.A.
Birke von Borstel, B.A.

Der Sozialbericht 2019

Berichtet wurde über die fünf Lebensbereiche
Bevölkerung und Haushalte,
Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit,
Einkommen und Armutslagen,
Bildung, Betreuung und Erziehung und
Gesundheit.

Die zentralen Ergebnisse

Demografie: Hildesheim ist gewachsen und wird vielfältiger

Die Stadt Hildesheim ist gewachsen, vor allem aufgrund der fluchtbedingten Zuwanderung ab 2014. Aber auch die Zuwanderung von jungen Menschen in der Altersgruppe der Studierenden (18-25 Jahre) spielt eine Rolle. In den nächsten Jahren wird die Stadt stabil über 100.000 Einwohnerinnen haben. Die Einwohnerinnen mit Migrationshintergrund leben vorwiegend in wenigen zentralen Stadtbezirken (Nord, Ost, Mitte und Drispenstedt). Dies gilt verstärkt für die ausländischen Einwohner*innen (Nordstadt).
Je jünger die Altersgruppe, desto höher liegt der Migrationsanteil. Bei den 0-6-Jährigen liegt er in der Gesamtstadt inzwischen bei über 50%, in Drispenstedt, Nord und Mitte bei 70% bis über 80%.
Hildesheims Altersstruktur ist ebenfalls nach Stadtbezirken deutlich unterschiedlich. Der „jüngste“ Stadtbezirk ist die Nordstadt (Anteil 0-18-Jährige 19,5%), der „älteste“ Bezirk ist Moritzberg (Anteil über 65-Jährige 33%).

Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit: Gute Nachrichten vom Arbeitsmarkt

• Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigen in Hildesheim ist sowohl unter den Beschäftigten am Arbeits- wie auch am Wohnort in den letzten zehn Jahren angestiegen, ebenso hat die Erwerbstätigenquote zugenommen. Diese ist allerdings je nach Bezirk sehr unterschiedlich: So liegt sie in Bavenstedt bei beiden Geschlechtern mit über 60% am höchsten, in der Nordstadt mit 44,7% bei den Männern und 34,9% bei den Frauen am niedrigsten. Sehr niedrig liegt auch die Erwerbstätigenquote bei ausländischen Einwohner*innen im erwerbsfähigen Alter (31% in der Gesamtstadt, 25,7% in der Nordstadt).
Weniger Frauen (36%) als Männer (64%) arbeiten in Hildesheim in Vollzeitbeschäftigung, in Teilzeitbeschäftigung dagegen deutlich mehr Frauen (82%) als Männer (18%).
• Der Anteil der Erwerbstätigen mit Hochschulabschluss hat in den letzten Jahren zugenommen. Auffällig hoch qualifiziert sind die ausländischen Frauen: Sie haben zu fast 20% einen Hochschulabschluss.
• Der Erwerbslosenanteil an der Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahren ist 2017 mit 7% auf dem niedrigsten Stand seit 2008.

Einkommen und Armutslagen: Abgehängt ist abgehängt – keine Entwarnung bei der Armut

• Das steuerpflichtige Durchschnittseinkommen ist von 2007 auf 2014 in Hildesheim nur wenig gewachsen im Unterschied zu deutlichen Zuwächsen im Landkreis und im Land Niedersachsen. 2,5% der Hildesheimerinnen gehören zu den „reichsten“ Steuerpflichtigen und haben zusammen mehr Einkommen als die 53,4% der Hildesheimerinnen, die die unterste Einkommensgruppe bilden. Im Durchschnitt hat ein „reicher“ Steuerpflichtiger ca. 25mal so viel Einkommen wie ein „armer“.
• Die meisten Armutsindikatoren sind in der Stadt Hildesheim im Vergleich stärker ausgeprägt als die Durchschnittswerte des Landkreises Hildesheim und des Landes Niedersachsen.
• Bei allen Armutsindikatoren zeigt sich eine starke räumliche Segregation mit einem Schwerpunkt von Problemen in der Nordstadt, gefolgt von Mitte bzw. Drispenstedt und Ost.
• Während die SGB II-Quote seit 2009 leicht zurückgegangen ist, sind die Kinderarmutsquote und die Altenarmutsquote (Bezug von Grundsicherung im Alter) in den letzten Jahren angestiegen.
• Die Armut von Familien mit Kindern – besonders von Alleinerziehenden – sowie die Kinderarmut erreichen in der Nordstadt alarmierende Werte. Die Kinderarmut ist dort seit 2008 von 52% auf 60% in 2017 angestiegen, während sie im selben Zeitraum in Drispenstedt gesunken ist.
Bildung, Betreuung, Erziehung: Starke räumliche Unterschiede bei den Bildungschancen

• Die Versorgung mit Betreuungsangeboten für unter 3-Jährige in Hildesheim beträgt 32,5 Plätze pro 100 Kinder. Eine bedarfsgerechte Versorgungssituation ist somit noch nicht erreicht, prognostiziert ansteigende Geburtenzahlen erhöhen zudem den Handlungsbedarf.
• Die Kindertagesbetreuungsangebote für 3- bis 6-jährige Kinder erreichen in der Gesamtstadt derzeit eine nahezu bedarfsdeckende Versorgungsquote, allerdings wachsen in den nächsten Jahren geburtenstarke Jahrgänge heran. Es bestehen kleinräumige Unterschiede zwischen kinderreichen Kita-Bezirken wie Oststadt (76,8 Plätze auf 100 Kinder) und überversorgten Kita-Bezirken wie Sorsum (145 Plätze auf 100 Kinder).
• Als Ergebnis der Einschulungsuntersuchung fällt auf, dass der Anteil der Kinder, bei denen schulärztlich die Einschulung empfohlen wird, seit 2013 in der Gesamtstadt leicht gesunken ist. Besonders stark ist dieser Rückgang in der Nordstadt, wo die Einschulungsempfehlung nur noch bei 51% der Kinder ausgesprochen wird.
• In der Nordstadt wachsen nur 25% der Kinder mit Deutsch als Muttersprache auf. 52% der Kinder wachsen zwar mehrsprachig auf, sprechen Deutsch aber so gut wie einsprachig deutsch aufgewachsene Kinder. Obwohl die Situation in Drispenstedt ähnlich ist, liegen die Einschulungsraten dort deutlich höher als in der Nordstadt.
• Mehr als ein Drittel der Schülerinnen an Hildesheimer Schulen wohnt nicht im Stadtgebiet. Besonders gilt dies für die Gymnasiastinnen, von denen weniger als die Hälfte in der Stadt wohnt.
• 8,25% der Schülerinnen in Hildesheimer Schulen haben einen ausländischen Pass, davon sind ca. die Hälfte Geflüchtete. In der Hauptschule machen die ausländischen Kinder mehr als die Hälfte aller Schülerinnen aus, während sie eher selten Gymnasien besuchen.
• In den Grundschulen in den Randbezirken von Hildesheim sind kaum ausländische bzw. geflüchtete Kinder zu finden, sie werden stattdessen in den zentrumsnahen Bezirken beschult, vor allem der Nordstadt. 2017 werden in der dortigen Grundschule 70 geflüchtete Kinder unterrichtet, die fast ein Viertel aller Schülerinnen an dieser Schule ausmachen und ein Sechstel aller geflüchteten Grundschulkinder der Stadt. • Die Übergangsempfehlungen zur weiterführenden Schule nach der vierten Grundschulklasse zeigen eine starke räumliche Segregation der Bildungschancen: Im Hildesheimer Durchschnitt werden 40% der Viertklässlerinnen für das Gymnasium empfohlen, in den GS Achtum und Itzum zusammengefasst 67% und in der GS Nordstadt lediglich 8%.

Gesundheit: Verschlechterungen bei der Kindergesundheit im Einschulungsalter, starke räumliche Unterschiede

• Der Gesundheits- und Entwicklungszustand der Hildesheimer Kinder, so wie er aus den Daten der Schuleingangsuntersuchungen hervorgeht, hat sich in den meisten dargestellten Bereichen von 2013 auf 2017 leicht oder deutlich verschlechtert. Lediglich beim Körpergewicht ist eine Verbesserung festzustellen. Auffallend ist die Verschlechterung des altersgerechten Sprachvermögens, das 2017 nur noch bei 70% der Hildesheimer Kinder festgestellt werden kann.
• Beim Vergleich der Bezirke stellt sich die Nordstadt als deutlich benachteiligt heraus: In nahezu allen Bereichen sind die untersuchten Kinder dieses Schulbezirks seltener altersgerecht entwickelt als die der anderen Bezirke. Besonders auffallend ist der niedrige Anteil der Kinder mit altersgerechter Sprachentwicklung (55%). Zudem haben sich in der Nordstadt in nahezu allen Bereichen der Kindergesundheit die Werte seit 2013 (teilweise stark) verschlechtert. Der Stand der Kindergesundheit in Drispenstedt ist dagegen im Vergleich durchschnittlich bis überdurchschnittlich gut und hat sich in mehreren Bereichen verbessert. Dies korrespondiert in beiden Bezirken mit der Entwicklung der Einschulungsempfehlungen (vgl. Kapitel „Bildung“).
• Im Bereich der Pflege ist eine zunehmende Bedeutung teilstationärer Pflegeangebote festzustellen.

PR
Foto: HAWK

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