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Der Ortsrat Heisede zieht für die Rechte der Ortsräte sowie der Stadt- und Gemeinderäte vors Bundesverwaltungsgericht

SARSTEDT. „Wir werden wohl etwas Rechtsgeschichte schreiben“, sagt Friedhelm Prior, der die CDU im Kreistag, Stadtrat von Sarstedt und im Ortsrat Heisede vertritt: Der Ministerialrat a. D. fügt hinzu: „Entweder wir bekommen Recht oder ein neues Gesetz muss uns Recht geben.“ Die weitere Entwertung der Kommunalparlamente müsse verhindert werden. Es sei nicht hinzunehmen, dass z. B. Beschlüsse von Ortsräten oder Stadt- und Gemeinderäten ohne Unterschrift von Beamten nur interne Vorgänge seien, aber darüber hinaus für Dritte keine Verbindlichkeit haben sollen.

Zum Sachverhalt: Der Ortsrat Heisede hat im Dezember 2020 die Stadt Sarstedt wegen unterlassener Anhörung zum Bebauungsplans Nr. 11 „Am Dorfe“ verklagt und beim Oberverwaltungsgericht (OVG) beantragt, die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes festzustellen. Das Gericht hat den Antrag zwar mit Urteil vom 19.05.2021 verworfen, aber die Revision beim Bundesverwaltungsgericht zugelassen, da die Rechtssache ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehe und dazu eine Klärung bei Bundesverwaltungsgericht zu erwarten sei. Nach Auffassung des Gerichts könne der Ortsrat gerichtlich nur klären lassen, ob sein Anhörungsrecht verletzt worden sei. Sollte das Gericht eine Verletzung des Anhörungsrechts feststellen, habe dies jedoch kein Folgen.

Daraufhin hat der Ortsrat am 11.06.2021 beschlossen: „Der Ortsrat nimmt das Urteil des OVG vom 19.05.2021 – 1 KN 167/20 zur Kenntnis. Er bekräftigt in dieser Sache seine bisher vertretene Auffassung und Beschlüsse. Die vom OVG zugelassene Revision soll genutzt werden. Daher werden zur Fortsetzung der Klage der Ortsbürgermeister Kothe und Ortsratsmitglied Prior gebeten, diesen Beschluss der Kanzlei Rechtsanwälte Rohlfing – Pfahl – Oettler – Olbrich bzw. Herrn Prof. Rohlfing unter Hinweis auf das bereits erteilten Mandat mitzuteilen.

Der Ortsrat vertritt folgende Auffassung:

Die Entscheidung des OVG widerspricht seiner eigenen Rechtsprechung. Zudem widerspricht sie dem Willen des Gesetzgebers. Dessen Wille zur Ausgestaltung des Anhörungsrechts ergibt sich u. a aus der Begründung des Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts vom 1.12.2004 (Drucksache 15/1490): „Das Absehen von der Anhörung stellt einen Verfahrensfehler dar, der nach der Rechtsprechung bei Satzungen und Verordnungen deren Unwirksamkeit zur Folge hat. Deshalb sollte das Anhörungsrecht seinem ursprünglichen Sinn entsprechend auf Angelegenheiten beschränkt werden, von der die Ortschaft in besonderer Weise betroffen ist.“ Im völligen Gegensatz dazu steht die nun vom OVG vertretene Auffassung, dass eine Verletzung des Anhörungsrechts des Ortsrates kein Eingriff in ein Recht des Ortsrates zur Gestaltung, Entwicklung des Ortes sei. Im Übrigen ist die Entscheidung des OVG unbegründet, weil der Ortsrat Entscheidungsbefugnisse mit Außenwirkung hat. Mit dem Gesetz zur Zusammenfassung und Modernisierung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts vom 17.12.2010 sind die Rechte der Ortsräte gestärkt worden. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung: „Der gesetzliche Katalog der ausschließlichen Zuständigkeiten des Gemeinderats wird zugunsten einer Beschlusszuständigkeit der Ortsräte bzw. Stadtbezirksräte eingeschränkt. … Die Beschlusszuständigkeiten der Ortsräte und zum Teil auch der Stadtbezirksräte werden erweitert (s. § 92 Abs. 1 Nrn. 1, 3, 4, 7, 10 und 12 des Gesetzentwurfs). Dies betrifft z. B. die Benennung und Umbenennung von Straßen, Wegen und Plätzen innerhalb der Ortschaft oder des Stadtbezirks. Außerdem wird den Ortsräten und Stadtbezirksräten unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch darauf eingeräumt, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Haushaltsmittel von der Vertretung in Form eines Budgets zu erhalten (s. § 92 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzentwurfs). Beides steigert die Attraktivität ehrenamtlicher Mitwirkung im Ortsrat bzw. Stadtbezirksrat und entlastet zugleich die Vertretung…“

Die Rechte der Ortsräte werden nicht dadurch gemindert, dass ein Beamter verpflichtet ist, auf Beschluss des Ortsrates hin bestimmte Dokumente zu unterzeichnen. Wäre die Auffassung des OVG zutreffend, wären auch die Beschlüsse der Stadt- und Gemeinderäte sowie die des Kreistages lediglich behördeninterne Vorgänge.  

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