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Macht die Landesregierung „mehr Sommer“ für Kinder und Jugendliche möglich – und wird sie sie vor einem Corona-Herbst schützen?“

NIEDERSACHSEN. Niedersachsens Sozialministerin Daniela Behrens hat namens der Landesregierung auf eine Dringliche Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geantwortet.

Die Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatten gefragt:

Die Corona-Pandemie hat Kinder und Jugendliche besonders hart getroffen. Studien zufolge haben sie stark unter Kontaktbeschränkungen, geschlossenen Kitas, Schulen, Sport- und Freizeitangeboten gelitten. Prägende Ereignisse für Kinder und Jugendliche wie Geburtstage, Einschulungen oder Konfirmationen sind ausgefallen oder konnten nur sehr eingeschränkt stattfinden. Für Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Verhältnisse wiegen diese Einschränkungen Studien und Verbänden zufolge besonders schwer.

Gleichzeitig haben Kinder und Jugendliche in dieser herausfordernden Zeit neue Kompetenzen erworben und durch die vorbildliche Einhaltung der Regeln ihre Solidarität und Verantwortung gegenüber besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen zum Ausdruck gebracht. Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche eine hohe Eigenverantwortung zur Einhaltung der Regeln zum Schutz anderer sehen, sich gleichzeitig aber zu wenig beteiligt und gehört fühlen.

Verbände sehen deshalb erheblichen Handlungsbedarf: Die soziale Ungleichheit habe sich verschärft, Bewegungsmangel, Übergewicht und psychische Erkrankungen nähmen zu. Die schon vor der Pandemie knappen Plätze in Schwimmlernkursen sind in diesem Jahr noch sehr viel begehrter – mit negativen Folgen für die Schwimmfähigkeit vieler Kinder im Grundschulalter, die im letzten Jahr aufgrund der Pandemie nicht schwimmen lernen konnten. Gleichzeitig stehen vielerorts aufgrund der hohen Corona-Kosten auch für die kommunale Ebene der Erhalt und die Sanierung von Frei- und Schwimmbädern zur Disposition.

Die Bundesregierung hat ein „Aufholpaket“ aufgelegt, das den Schwerpunkt auf das Aufholen von Lernrückständen legt. Hierfür stehen in Niedersachsen 100 Millionen Euro zur Verfügung, sofern das Land diese Bundesmittel verdoppelt. Darüber hinaus stellt der Bund dem Land ca. 22 Millionen Euro für Schulsozialarbeit und 7 Millionen Euro für Jugendarbeit zur Verfügung.

Den Aufholbestrebungen steht jedoch die dynamische Ausbreitung der Delta-Variante entgegen. Expertinnen und Experten zufolge hat sie das Potenzial für eine vierte Welle im Herbst, von der dann in hohem Maße Kinder betroffen sein könnten, weil es für Kinder und Jugendliche keine generelle Impfempfehlung gibt und für unter 12-Jährige auch keinen zugelassenen Impfstoff. In Großbritannien ist zu beobachten, dass sich das Virus signifikant unter den Ungeimpften – und somit insbesondere Kindern und Jugendlichen – verbreitet; so liegt die aktuelle Inzidenz in der Altersgruppe der 10- bis 19-Jährigen bei deutlich über 300 mit hohen Zuwachsraten. 1 % der Infizierten muss mit schweren Verläufen in Krankenhäusern behandelt werden, Long COVID tritt nach Auskunft der englischen Behörden bei etwa 8 % der erkrankten Personen auf.

Gewerkschaften und Verbände fordern deshalb Maßnahmen, um einen pandemiesicheren Unterricht und pandemiesichere Angebote für Kinder und Jugendliche nach den Sommerferien zu ermöglichen. Die Virologin Prof. Dr. Melanie Brinkmann warnt in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 05.07.2021: „Die Delta-Variante wird nach den Sommerferien sehr schnell durch die Schulen rauschen, wenn wir keine Vorsorge treffen.“<br>

Ministerin Daniela Behrens beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

 <br>̶   Es gilt das gesprochene Wort  ̶ <br>

 1.      Was unternimmt die Landesregierung, um Kinder und Jugendliche vor dem Coronavirus zu schützen und eine erneute Schließung von Kitas und Schulen zu verhindern?

„Die Landesregierung wird den Schulbetrieb auch im kommenden Schuljahr mit einem engmaschigen Sicherheitsnetz versehen. Grundlegend ist dabei die stringente Umsetzung unserer Strategie aus Testen, Impfen, Maske tragen, Lüften, sicheren Unterrichtsszenarien und strenger Befolgung des „Niedersächsischen Rahmenhygieneplans Corona Schule“, der für alle Schulen verbindlich vorgegeben ist. Daran werden wir auch weiterhin konsequent festhalten. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und die Entwicklung des Infektionsgeschehens werden bei der Weiterentwicklung des Plans berücksichtigt.

Viele Lehrkräfte und Beschäftigte haben bereits den vollständigen Impfschutz. Das trägt noch einmal zur Erhöhung der Sicherheit in den Schulen bei.

Was die Impfungen von Kindern und Jugendlichen im Alter von 12-17 Jahren betrifft, so berücksichtigt die Landesregierung die Empfehlungen der STIKO. Aktuell werden Impfungen für Kinder und Jugendliche mit bestimmten Vorerkrankungen, im Umfeld von gefährdeten Personen und arbeitsbedingt bei erhöhtem Expositionsrisiko empfohlen. Uns ist es wichtig, Kindern und Jugendlichen ab 12 ein Impfangebot zu machen. Ich ermuntere die Familien, darüber mit ihren Ärztinnen und Ärzten zu sprechen und auf dieser Basis eine Entscheidung zu treffen.

Regelhaft erfolgt eine Analyse der Entwicklung des Infektionsgeschehens zwischen Kultusministerium und NLGA, um im Bedarfsfall frühzeitig Maßnahmen ergreifen zu können.

Vor dem Hintergrund der sich in der Bundesrepublik verbreitenden Delta-Variante wird das Land zudem die technische Lüftungsunterstützung ausbauen und neu justieren.

Dazu stellen wir in einem ersten Schritt 20 Millionen Euro für die Schulträger bereit. Damit können auch Zu-/Abluftanlagen mit Wärmetauschern beschafft werden. Die Details legen wir jetzt in Abstimmung mit den Kommunen fest. Zudem bleiben die Lüftungsregeln bestehen.

Darüber hinaus können die Schulen und Kindertagesstätten über das Förderprogramm des Bundes „Corona-gerechte stationäre raumlufttechnische (RLT-)Anlagen“ als Einrichtungen für Kinder unter 12 Jahren gefördert werden.

Zudem ist nach derzeitigem Stand geplant, die im Stufenplan 2.0 festgeschriebenen inzidenzbasierten Regelungen für Szenarienwechsel fortzuführen. Die im Stufenplan geregelten Szenarien geben Orientierung und Verlässlichkeit um auch kurzfristig auf Änderungen der Infektionslage reagieren zu können.

Auch für die Kindertagesbetreuung setzen wir auf impfen und testen. Unser Ziel ist es, dass das in der Kindertagesbetreuung tätige Personal bis zum Ende der Sommerferien einen vollständigen Impfschutz haben kann.  Um Infektionsketten bei Kindern, die derzeit nicht geimpft werden können, sehr früh zu unterbrechen und einen Ausbruch von Infektionsgeschehen in der Kindertagesbetreuung zu verhindern, finanziert die Landesregierung anlasslose Reihentests für Kinder im Kindergartenalter im Umfang von zwei Tests pro Kind und Woche. Es werden derzeit Vorkehrungen getroffen, diese Testmöglichkeiten bis Jahresende zu durchgängig und unbeschadet der jeweiligen Inzidenz vor Ort zu gewährleisten – so wie es der niedersächsische Stufenplan 2.0 vom 23.06.2021 vorsieht. 

Das Einhalten der Hygienemaßnahmen ist weiterhin wichtig zur Bekämpfung der Pandemie.

Zur Entwicklung passgenauer Maßnahmen für jede einzelne Einrichtung und Tagespflegestelle bietet der „Niedersächsische Rahmen-Hygieneplan Corona Kindertagesbetreuung“ Orientierung und empfiehlt Maßnahmen, die in Summe geeignet sind, die mit der Verbreitung des Corona-Virus verbundenen Infektionsrisiken im pädagogischen Alltag der Kindertagesbetreuung zu vermindern und einen Betrieb der Kindertagesbetreuung und das Angebot der Kindertagespflege in Pandemiezeiten zu ermöglichen.

2.      Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um Bewegungsmangel bei Kindern und Jugendlichen anzugehen und insbesondere den Rückstand bei der Schwimmfähigkeit aufzuholen?

Wir alle wissen, Bewegung ist wichtig – für Kinder und Jugendliche ganz besonders. Das Land Niedersachsen fördert den organisierten Sport mit einer jährlichen Finanzhilfe an den Landessportbund Niedersachsen (LSB) in Höhe von 35,2 Mio. Euro zuzüglich eines prozentualen Anteils an den Mehreinnahmen aus den Glücksspielabgaben.

In den Jahren 2020 und 2021 wurde dem LSB eine weitreichende Flexibilität bei der Verwendung dieser Finanzhilfemittel eingeräumt, um den Folgen des pandemiebedingt eingeschränkten Sportbetriebes zielgerichtet entgegenwirken zu können.

Durch das für die Jahre 2019 bis 2022 aufgelegte Sportstättensanierungsprogramm des Landes Niedersachsen stehen für den Sport weitere Mittel in Höhe von bis zu 100 Millionen Euro zur Verfügung. Ein Schwerpunkt dieses Programms liegt auf der Sanierung und Modernisierung von Hallenschwimmbädern.

Wir alle wissen, wie wichtig es ist, dass Kinder und Jugendliche schwimmen können.

Um die Schwimmfähigkeit von Kindern und Jugendlichen zu fördern, haben der LSB mit seiner Sportjugend, der Landesschwimmverband Niedersachsen e. V. und der DLRG-Landesverband Niedersachsen e. V. das Projekt „Niedersachsen lernt Schwimmen³“ aufgelegt.

Es ist das dritte gemeinsame Landesprojekt der Sportverbände zur Förderung des Schwimmsports in Niedersachsen. Mit dem Projekt werden zwischen dem 1. Juli 2021 und dem 30. Juni 2023 Schwimmkurse außerhalb des Schulunterrichtes angeboten.

Am 24. Februar hat das Kultusministerium mit dem Landessportbund den „Pakt für Niedersachsen 2021-2030 für mehr Bewegung, Spiel und Sport in Schule, Kita und Vereinen“ unterzeichnet.

Am Dienstag dieser Woche hat das Kabinett beschlossen, 100 Mio. Euro aus dem Sondervermögen Corona für „Startklar in die Zukunft“ zur Verfügung zu stellen, das Zukunftsprogramm für Kinder und Jugendliche. 10 Mio. Euro davon fließen in Schwimmkurse sowie in Sport- und Bewegungscamps, die außerhalb der Schule angeboten werden. Gemeinsam mit den Verbänden setzen wir diese Angebote schnell um.

3.      Was unternimmt die Landesregierung, um der zunehmenden sozialen Ungleichheit bei Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken?

Kinder und Jugendliche haben einen enormen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie geleistet. Sie haben in den verschiedensten Bereichen ihres Lebens Einschränkungen und Verzicht erfahren und sich gleichzeitig als verantwortungsbewusster und solidarischer Teil der Gesellschaft gezeigt.

Seit Ausbruch der Pandemie hat die Landesregierung die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen und deren gesundheitliche Gefährdungslage auf der Basis der jeweils vorliegenden Erkenntnisse und deren Bewertungen in ihrem Handeln berücksichtigt. Die vielfältige Struktur in der Kinder- und Jugendhilfe hat sich von Anfang an durchweg für die Interessen und Belange der jungen Menschen eingesetzt.

Die Belastungen und Einschränkungen wenigstens teilweise zu kompensieren wird eine zentrale Aufgabe der nächsten Monate sein. Ein zentraler Baustein ist hierbei die Umsetzung des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ des Bundes.

Das Bund-Länder-Förderprogramm wird durch Landesmittel um 100 Mio. Euro aus dem COVID-19-Sondervermögen aufgestockt. Damit stehen in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt Bundes- und Landesmittel in Höhe von 222 Millionen Euro für das Kinder-und Jugendprogramm zur Verfügung.

Rund 189 Millionen sind für den Schulbereich und 33 Millionen für den Bereich der Kinder- und Jungendhilfe. Kinder und Jugendliche in Niedersachsen werden bei der Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie mit unserem neuen Aktionsprogramm „Startklar in die Zukunft“ unterstützt. In der Schule und außerhalb der Schule sollen Kinder und Jugendliche zusätzliche Angebote unter anderem zur Lernförderung, zur psychosozialen Stabilisierung, zur Freizeitgestaltung, Gesundheitsförderung und gesellschaftlichen Beteiligung erhalten.

Ziele des Aktionsprogramms ‚Startklar in die Zukunft‘ sind, Kindern und Jugendlichen ihre Zukunftschancen zu sichern, ihnen Zutrauen zu geben und Kontakte zu ermöglichen sowie Verpasstes ohne Druck und Stress aufarbeiten zu können. Kinder und Jugendliche haben eine Hauptlast bei der Pandemiebekämpfung getragen, nun ist es an der Zeit, ein wenig davon zurückgeben.

Förderangebote im Schulkontext und in den Ferien sind dabei ebenso vorgesehen wie die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen durch vermehrten Einsatz von Freiwilligendienstleistenden und zusätzlicher Sozialarbeit an Schulen sowie der Ausbau von Kinder- und Jugendfreizeiten. Schulische Maßnahmen, gemeinsame Angebote von schulischer Sozialarbeit und Jugendhilfe sowie Angebote für Ferien und Freizeit ergänzen sich gegenseitig. Eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit Jugendhilfe, Schulträgern und Kommunen vor Ort wird eine Basis sein, schulische und außerschulische Angebote zu machen.

Die niedersächsische Umsetzung des Programms stellt das Stärken und Unterstützen in den Mittelpunkt. Den Kindern und Jugendlichen soll bei der Aufarbeitung ihrer Erfahrungen geholfen werden.

Folgende Ziele werden dabei u. a. verfolgt:

•           Abbau von Lernrückständen

Der Großteil der bereitgestellten Mittel zum Abbau von Lernrückständen soll den Schulen über die Erhöhung der Schulbudgets zur Verfügung gestellt werden. Den Schulen wird ermöglicht, Unterstützungsmaßnahmen im o. a. Sinne dem konkreten Bedarf der Schülerschaft und den Bedingungen vor Ort anzupassen.

Darüber hinaus sollen zur zusätzlichen personellen Ausstattung der Schulen befristete Personalmaßnahmen zur Einstellung von pädagogischen Kräften Anwendung finden. Die Maßnahmen beinhalten ebenfalls eine vorübergehende Anpassung von Inhalten der Kerncurricula und unterstützen die Herstellung von Chancengerechtigkeit.

Kinder und Jugendliche brauchen Kontakte mit Gleichaltrigen, sie brauchen Sport und Bewegung, das Spielen und den Austausch in der Gruppe. Wir wollen verhindern, dass die Pandemiezeit lange nachwirkt und bestehende Ungleichheiten unumkehrbar festschreibt. Mit einem 11-Punkte-Programm mit einem Gesamtfördervolumen von 25 Millionen Euro aus Landesmitteln wollen wir in unterschiedlichsten Bereichen unterstützen:

1. Förderung für Kinder- und Jugendfeste in Kommunen/Quartieren & Stadtteilen

2. Schaffung von Jugendplätzen in Quartieren und Kommunen

3. Sprach-Camps für Kinder & Jugendliche –

4. Zuschuss zu Schwimmkursen für Kinder & Jugendliche

5. Sport-& Bewegungs-Camps für Kinder & Jugendliche

6. Kunst, Kultur & Kreativität für Kinder & Jugendliche –

7. Digitalisierung der Kinder- & Jugendarbeit

8. Innovations-Wettbewerb offene Kinder- und Jugendarbeit

9. Unterstützung des Ehrenamtes in der Kinder- und Jugendhilfe

10. Förderung der Internationalen Jugendarbeit –

11. Unterstützung von Familien in konkreten Notlagen – Stärkung des Fonds mit einem Zuschuss in Höhe von 150.000 Euro.

Für das Programm nutzen wir die etablierten und gut funktionierenden Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe in Kommunen, Vereinen und Verbänden sowie dem Ehrenamt.

Damit schaffen wir nachhaltige Projekte, die weit über die Corona-Zeit hinauswirken können und den Kindern und Jugendlichen auch mittelfristig zu Gute kommen werden.“

PR

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