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Statement von Ministerpräsident Weil zur Lage in der Ukraine

„Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen,
wir sind sicher alle einig darin: Nach den Ereignissen der letzten Nacht, nachdem, was wir stündlich aus der Ukraine hören, können wir hier nicht heute im wahrsten Sinne des Wortes zur Tagesordnung übergehen. Wie Frau Präsidentin eben ausgeführt hat, hat heute Nacht ein groß angelegter militärischer Angriff Russlands auf die Ukraine begonnen. Es wird be richtet vom Vorrücken von Landstreitkräften und es wird berichtet von Raketenangriffen auf Kiew und andere Städte in der Ukraine.

Es ist ein Krieg vor unserer eigenen Haustür. Kiew liegt gerade einmal etwa 1500 Kilometer von Hannover entfernt. Das ist nicht viel. Und wir alle sind tief betroffen. Und wir alle denken in diesen Stunden zu allererst an die Menschen, die die Opfer dieser Aggression sind – an die Toten und Verletzten, an diejenigen, die derzeit trauern um Angehörige, an diejenigen, die Angst haben um das Leben ihrer Familien, um ihr eigenes Leben, um ihre Existenzgrundlage und um ihre Heimat. Dieses Mitgefühl, das müssen wir von Anfang an, glaube ich, sehr klar ausdrücken. Es ist und bleibt eine Schande, was der derzeit in der Ukraine geschieht. Diese Aggression ist eine Schande! Da stimmen wir sicherlich alle überein. Und wir empfinden Abscheu und Wut gegenüber dieser Aggression. Täter und Opfer sind derzeit sehr klar zu benennen. Russland hat heute Nacht angegriffen. Russland hat heute das Völkerrecht offenkundig gebrochen. Russland, die russische Regierung und insbesondere der russische Präsident Putin sind verantwortlich für Tote und Verletzte, die derzeit genau in diesem Moment zu beklagen sind.
Und wenn der russische Präsident heute Nacht auf einen Genozid gegenüber Russen in der Ukraine hingewiesen hat, dann ist es das, was man offen auch so benennen muss: Es ist eine Lüge, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist eine Lüge. Und es ist eine immer wieder in der Geschichte zu beobachtende Erfahrung, dass Aggressoren sich nicht zu schade sind, auch noch den billigsten Vorwand zu verwenden, um ihre Aggression zu begründen. Nein, es gibt keine Begründung für diesen Angriff auf die Ukraine. Es ist Imperialismus in seiner reinsten, es ist Imperialismus in seiner unverhülltesten und es ist Imperialismus in seiner widerwärtigsten Form, die wir in diesen Stunden erleben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Und wir vermögen noch nicht abzusehen, welches die Auswirkungen über die Ukraine hinaus sein werden. Wir werden sicherlich eine sehr schwierige Phase der Weltpolitik in der nächsten Zeit erleben.

Vor diesem Hintergrund sind harte Reaktionen Deutschlands, der Europäischen Union und aller Verbündeten ausdrücklich richtig und notwendig und auch gar nicht zu vermeiden. Und ich sage das auch dann, wenn wir uns im Klaren darüber sein müssen, dass diese Reaktionen womöglich auch für uns selbst mit Belastungen verbunden sein werden. Das muss uns klar sein. Aber es geht um einen Bruch von Grundregeln des friedlichen Zusammenlebens zwischen Völkern. Auch Russland hat wie alle anderen europäischen Staaten, die „Unverbrüchligkeit“ von Grenzen völkerrechtlich verpflichtend anerkannt. Ein solcher offenkundiger Bruch dieser Vereinbarung stellt die Grundregeln unseres Zusammenlebens in Frage, gefährdet unsere eigene Sicherheit am Ende und ist nicht akzeptabel. Deswegen kann es in dieser Situation nur harte und klare Reaktionen geben. Wir werden sicherlich heute und in den nächsten Tagen die Entscheidung der Europäischen Union und der sonstigen Verbündeten abzuwarten haben, aber ich bin sicher, dass das Projekt Nord Stream 2 in dieser Hinsicht nur der Anfang gewesen ist.

Unabhängig davon müssen wir auch unsere eigenen Vorkehrungen für unsere Sicherheit weiter intensivieren – da geht es beispielsweise um die reale Befürchtung von Cyber-Attacken. Das Innenministerium und die Sicherheitsbehörden haben die Vorkehrungen erhöht und befinden sich auch in einem engen Austausch mit verschiedenen Akteuren sowohl im öffentlichen wie im privaten Sektor. Das ist ein Schwerpunkt dessen, was derzeit im Innenministerium geschieht. Zum anderen werden wir selbstverständlich auch Vorkehrungen dafür treffen, dass Menschen aus der Ukraine ihre Heimat verlassen müssen und Zuflucht suchen bei uns. Niedersachsen hat sich stets zu seinen humanitären Verpflichtungen bekannt und das wird auch ganz selbst verständlich in diesem Fall so sein, meine sehr verehrten Damen und Herren und ich gehe von Ihrer Zustimmung dafür aus. Innenminister Pistorius steht in einem sehr engen Austausch mit der Bundesinnenministerin und seinen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern. Es hat bereits heute Morgen eine erste Sitzung – virtuell selbstverständlich – stattgefunden.
Und dann gibt es einen dritten Bereich, der selbstverständlich beachtet werden muss, der der Energieversorgung. Die Analyse der letzten Tage hat – wie zu lesen gewesen ist – eher beruhigende Signale ergeben. Aber: Dass diese Situation sehr eng zu begleiten ist und ständig geschaut werden muss, wie die Situation ist, das versteht sich von selbst.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
es ist die größte Bedrohung des Friedens, die wir alle miteinander zu unseren Lebzeiten in Europa erleben. Wir sind gut beraten, uns miteinander auf schwere Zeiten einzurichten. Aber wir müssen das in Kauf nehmen – die Sache der Ukraine ist auch unsere Sache. Daran kann es überhaupt keinen Zweifel geben. Denn es geht auch um mehr. Und ich schließe mit einem Zitat von Willy Brandt, der gesagt hat: „Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.““

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