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Eine Handvoll Leben

15. November 2022 – Rund 60.000 Kinder werden jedes Jahr allein in Deutschland zu früh geboren, etwa 8.000 von ihnen mit einem Geburtsgewicht von weniger als 1.500 Gramm. Diese extremen Frühchen werden auf Frühgeborenen-Intensivstationen in spezialisierten Kliniken – sogenannten Perinatalzentren – versorgt. Das Perinatalzentrum am Helios Klinikum Hildesheim ist seit seiner Gründung im Jahr 2006 in der höchsten Versorgungsstufe (Level 1) eingeordnet. 30 Pflegekräfte und bis zu zehn Ärztinnen und Ärzte kümmern sich dort um die kleinsten Patienten in den 20 Betten und Inkubatoren. Wie die kleine Leonie aus Göttingen, die aufgrund von Schwangerschaftskomplikationen am 24. Juli mit einem Gewicht von nur 350 Gramm auf die Welt geholt werden musste. Nach 108 Tagen auf der Station durfte sie nun mit dem stolzen Gewicht von 2.535 Gramm mit ihren Eltern nach Hause. 

„Trotz ihres sehr geringen Geburtsgewichts hat es Leonie uns von Anfang an leichtgemacht, ihr zu helfen. Sie war vom ersten Tag an sehr agil,“ erzählt Dr. Levente Bejo, Leitender Arzt der Neonatologie am Helios Klinikum Hildesheim. Dass sie überhaupt in Hildesheim auf die Welt kam hat den Hintergrund, dass die Bettenkapazitäten im Perinatalzentrum der Universitätsmedizin Göttingen ausgeschöpft waren, als ihre schwangere Mutter Maike Meier (31) aufgenommen werden sollte.  Deshalb wurde in Hildesheim angefragt, ob man die Versorgung von Mutter und Kind übernehmen könne. Mit Erfolg: „Frau Meier wurde am 22. Juli bei uns aufgenommen, zwei Tage später musste Leonie geholt werden. Die Versorgung im Mutterleib war nicht mehr gewährleistet. Das Kind ist nicht mehr gewachsen und die Fortsetzung der Schwangerschaft wäre eine Gefahr für sie gewesen“, erklärt Bejo. Grund dafür war eine stark ausgeprägte Plazentainsuffizienz – eine Unterentwicklung des Mutterkuchens sowie zu wenig Fruchtwasser. 

Leonie war an der Grenze zur Lebensfähigkeit

„Am Anfang war es ein Auf und Ab der Gefühle für uns. Wir wussten ja nicht, ob sie durchkommt“, berichtet Mama Maike. Geboren in der 25. Schwangerschaftswoche bewegte sie sich an der Grenze zur Lebensfähigkeit, die zwischen der 22. und 24. Woche liegt. „Bei einem Geburtsgewicht von unter 400 Gramm sind die Überlebenschancen nochmal geringer“, betont Dr. Bejo.  Aufgrund der Ultraschallbilder wurde ihr Gewicht auf etwa 460 Gramm geschätzt. Dass es dann nur 350 waren, war für alle Beteiligten eine Überraschung. Sie wog damit nur die Hälfte des Gewichts, das für ihre Schwangerschaftswoche normal gewesen wäre. Aber sie erwies sich als sehr stark. Leonie – deren Name übersetzt Löwin bedeutet – kämpfte wie eine eben solche. In den ersten drei Wochen musste sie trotz Medikamenten zur Lungenreife abwechselnd über Schläuche oder eine Maske beatmet werden. Zudem wurde bei ihr ein sogenannter offener Ductus arteriosus festgestellt. Ein kleines Gefäß, das beim Ungeborenen die Körperhauptschlagader mit der Lungenschlagader verbindet. Dank medikamentöser Behandlung konnte aber auch dies behoben und eine OP vermieden werden. Darüber hinaus blieb Leonie glücklicherweise von den häufigsten bedrohlichen Komplikationen bei Frühgeborenen wie zum Beispiel Hirnblutungen und einer entzündlichen Darmerkrankung verschont. Die Nähe zu den Eltern war dabei jederzeit gewährleistet und ausdrücklich gewünscht. Mama Maike kam jeden Tag aus Göttingen nach Hildesheim: „Als ich mal krank war und nicht kommen konnte, hat mir das Team Fotos von Leonie per WhatsApp geschickt. Das war so toll. Wir hätten auch die Möglichkeit gehabt, sie nach Göttingen verlegen zu lassen. Aber wir haben uns hier so wohl gefühlt, dass wir bleiben wollten“, sagt sie. 

Begleitung auch für die Eltern

Leonies Eltern wurden während der emotionalen Zeit im Krankenhaus engmaschig von Psychologin Daria Reiche und Neonatalbegleiterin Christina Röhr betreut. „Für die Eltern sind diese Auf und Abs natürlich eine große Belastung. Wir sind froh, ihnen eine solche Begleitung an die Seite stellen zu können“, erklärt Levente Bejo. Jetzt durfte Leonie endlich mit Mama und Papa nach Hause. Dort wird sie von der sozialmedizinischen Nachsorge in Göttingen weiter betreut. Bis Ende Oktober musste sie noch über eine Sonde ernährt werden, mittlerweile schafft sie das Trinken komplett selbständig. Eisen, Vitamin D und Calcium wird sie vorerst weiter zusätzlich nehmen müssen. Außerdem bekommen die Eltern für die ersten Wochen einen Monitor mit, der Atmung und Sauerstoffsättigung überwacht, falls Leonie mal vergessen sollte zu atmen. Der geplante Geburtstermin am 4. November liegt nun bereits hinter der Familie: „Es ist für uns immer noch ziemlich unwirklich, dass Leonie jetzt schon drei Monate alt ist. Wir sind unendlich dankbar, dass wir jetzt ein gesundes Kind mit nach Hause nehmen können“, sagt Papa Pascal Thanheiser (40). Dort wartet bereits sehnsüchtig ihr fünfjähriger Bruder auf sie. Coronabedingt war ein Besuch im Krankenhaus bisher nicht möglich. Nun darf er sie endlich Zuhause in die Arme schließen. Ein Tag, auf den jedes Jahr 8.000 Eltern extremer Frühchen hoffen.

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