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Landkreis Gifhorn verhängt Ausgangsbeschränkungen

  • Gifhorn

Landkreis GIFHORN. Aufgrund des anhaltend hohen Inzidenzwertes über 200 erklärte Landrat Dr. Andreas Ebel gestern in einer Pressekonferenz, dass der Landkreis nun schärfere Maßnahmen ergreife. In einer in Kraft getretenen Allgemeinverfügung gibt es nun im Landkreis eine Ausgangssperre von 20.00 Uhr bis 05.00 Uhr. Weitere Maßnahmen der Kontaktbeschränkungen sollen ab dem Wochenende in Kraft treten. Haushalte dürfen dann niemanden von außerhalb privat treffen.

Allgemeinverfügung des Landkreises Gifhorn zur Bekämpfung und Eindämmung der weiteren Ausbreitung des Corona-Virus (SARS-CoV-2) im Kreisgebiet

Gemäß §§ 28 Abs. 1 Satz 2, 28 a Abs. 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 (Niedersächsische Corona-Verordnung) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:

1. In der Zeit von 20:00 Uhr bis jeweils 05:00 Uhr des Folgetages ist der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung grundsätzlich untersagt. Ausnahmen von dieser Ausgangsbeschränkung gelten nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe. Gewichtige Gründe sind insbesondere:

– Ausübung beruflicher Tätigkeit, die zwingend in diesem Zeitraum erfolgen muss,

– Ausübung einer Tätigkeit zur Gefahrenabwehr,

– dringend erforderliche Inanspruchnahme medizinischer oder veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen,

– Unterstützung Hilfsbedürftiger,

– Handlungen zur dringend erforderlichen Versorgung von Tieren oder

– zur Begleitung Sterbender.

Im Falle einer Kontrolle durch die Polizei oder die Ordnungsbehörden sind die gewichtigen Gründe glaubhaft zu machen.

Der Besuch von Lebensmittelmärkten ist kein gewichtiger Grund für eine Ausnahme von der Ausgangsbeschränkung.

Bei der Auslieferung von Speisen und Getränken (Lebensmitteln) handelt es sich nicht um die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, die zwingend in dem Zeitraum von 20:00 bis 5:00 erfolgen muss.

Von der Untersagung nicht umfasst ist das Aufsuchen von Außenbereichen des bewohnten Grundstücks, wenn diese der jeweils bewohnten Wohnung ausschließlich zugewiesen sind. Nicht verboten ist außerdem der Aufenthalt in einer anderen als der eigenen Wohnung, solange der Aufenthalt in dieser Wohnung nicht zu einem Verstoß gegen die Vorschriften der Nds. Corona-Verordnung, insbesondere gegen die geltenden Regelungen zur Kontaktbeschränkung, führt.

2. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tag nach ihrer Bekanntmachung in Kraft und gilt bis zum 31.01.2021, 24.00 Uhr.

3. Eine Zuwiderhandlung gegen diese Allgemeinverfügung stellt gem. § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG eine Ordnungswidrigkeit dar. Jeder Verstoß kann gemäß § 73 Abs. 2 IfSG mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 € geahndet werden.

4. Diese Allgemeinverfügung ist gem. § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar.

Begründung:

Rechtsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen ist §§ 28 Abs. 1 Satz 2, 28a Abs. 1 und 2 Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 35 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz in Verbindung mit § 18 Satz 1 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus SARS-CoV-2 vom 30. Oktober 2020 (Niedersächsische Corona-Verordnung), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 08. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3). Danach kann die örtlich zuständige Behörde weitergehende Anordnungen treffen, soweit es im Interesse des Gesundheitsschutzes zwingend erforderlich ist.

Der Landkreis Gifhorn ist die für den Erlass von notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten im Rahmen weitergehender Anordnungen sachlich und örtlich zuständige Behörde (§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NGöGD).

Die Corona-Pandemie begründet eine ernstzunehmende Gefahrensituation für Leib und Leben aller Bürgerinnen und Bürger, die staatliches Einschreiten nicht nur rechtfertigt, sondern mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates weiterhin gebietet (vgl. u.a. VG Münster, Beschluss vom 09.05.2020 – 5 L 400/20 -, Rn. 26, juris). Das insofern legitime Ziel, die Ausbreitung des Corona SARS-CoV-2 zu verlangsamen bzw. einzudämmen, wird und muss weiterhin verfolgt werden, insbesondere vor dem Hintergrund einer drohenden und in Teilen bereits real existierenden Überlastung des Gesundheitssystems und inzwischen auch vor dem Hintergrund der Sicherstellung der Versorgung pflegebedürftiger Menschen.

Die Voraussetzungen des § 18 Satz 1 Nds. Corona-Verordnung i. V. m. §§ 28 Abs. 1 Satz 2, 28a Abs. 1 bis 3 IfSG sind vorliegend erfüllt. Die vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamt ermittelte bzw. gemeldete Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 im Gebiet des Landkreises Gifhorn im hier maßgeblichen Referenzzeitraum von sieben Tagen beläuft sich nach Stand vom 11.01.2021 auf 259,5 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Allgemeinverfügung ist von einem weiteren Anstieg der COVID-19 Fälle bzw. von einem konstant hohen Wert an Neuinfektionen auszugehen. Die gemeldeten Fälle treten im Kreisgebiet verteilt auf. Sie betreffen nicht lediglich einzelne Einrichtungen, Betriebe oder sonstige abgrenzbare Teilbereiche des öffentlichen Lebens und sind auch nicht nur auf einzelne Teile der Städte oder Gebietseinheiten beschränkt. Ein erheblicher Teil der Infektionen spielt sich im privaten Bereich ab. Durch den drastischen Anstieg der Infektionszahlen auf dem Gebiet des Landkreises Gifhorn müssen unverzüglich weitere umfänglich wirksame Maßnahmen zur Verzögerung bzw. Verlangsamung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten ergriffen werden. Gleichwohl ist die Entwicklung der Neuinfektionen in den letzten 7 Tagen überaus besorgniserregend und nichts deutet derzeit darauf hin, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird, sofern nicht weitergehende infektionsschützende Maßnahmen ergriffen werden.

Durch diese Allgemeinverfügung des Landkreises Gifhorn werden weitergehende Maßnahmen getroffen, um die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus einzudämmen. Die angeordneten Schutzmaßnahmen sind geeignet, um einer weiteren flächendeckenden Ausbreitung und der damit einhergehenden Gefahr zahlreicher schwerer, ggf. auch tödlicher, Krankheitsverläufe und einer möglichen Überlastung des Gesundheitssystems wirksam vorzubeugen und entgegenzuwirken.

Zu Nr. 1:

In Ansehung des dynamischen Infektionsgeschehens innerhalb des Kreisgebietes ist die Zahl der Neuinfektionen auch im Vergleich zur landesweiten Entwicklung besonders kritisch anzusehen. Derzeit liegt die 7-Tages-Inzidenz im Landkreis Gifhorn bei 259,5 (Stand: 11.01.2021). Damit zeigt sich, dass die bisher geltenden Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um das Infektionsgeschehen nachhaltig zu reduzieren. Es sind daher weitere Maßnahmen zu treffen, um eine signifikante Senkung der Zahl der Neuinfektionen zu erreichen. Es werden daher auch weiterhin Maßnahmen angeordnet, die zum einen die Kontakte jedes Einzelnen zu Personen außerhalb des eigenen Hausstandes soweit wie möglich reduzieren und zum anderen besonders vulnerable Gruppen vor Neuinfektionen zu schützen.

Zur Verringerung der Gesamtzahl von infektiösen Kontakten und damit zur Verringerung der Zahl der Neuinfektionen ist es erforderlich, dass in einem eng begrenzten Zeitraum innerhalb der Abendstunden der Ausgang beschränkt wird. Der im Verhältnis zu anderen Städten und Landkreisen erheblich gesteigerte Wert der 7-Tages-Inzidenz von über 200 macht diese Maßnahme erforderlich, um insbesondere die Anzahl der privaten Kontakte, aber vor allem auch die Intensität der Kontakte zu reduzieren. So ist die Maßnahme geeignet zu verhindern, dass Menschen eine Art „Besuchs-Hopping“ betreiben, indem sie an einem Tag Kontakt zu verschiedenen Personen oder Personengruppen in wechselnder Zusammensetzung haben. Weiterhin senkt sie die Attraktivität geplanter, auch spontaner und zufälliger privater Zusammenkünfte zur späteren Abendstunde und trägt damit zur Reduzierung der Anzahl und Intensität privater Treffen bei. Vor diesem Hintergrund wäre eine wirksame Eindämmung der Verbreitung des Virus auch bei Berücksichtigung aller bisher getroffenen Schutzmaßnahmen erheblich gefährdet, würde diese Maßnahme nicht – zumindest vorübergehend – getroffen. Auch die besonderen Voraussetzungen des § 28a Abs. 2 IfSG sind damit erfüllt.

Die Ausgangsbeschränkung ist hingegen als milderes Mittel im Vergleich zu sonst strengeren Kontaktbeschränkungen zu qualifizieren und daher auch verhältnismäßig und angemessen im engeren Sinne. Ziel muss es sein, die persönlichen Kontakte auf das Nötigste zu reduzieren. Im Gegensatz zu einer noch stärkeren Eingrenzung und Reduzierung der Anzahl erlaubter Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei privaten Zusammenkünften bleibt es bei der Ausgangsbeschränkung im Sinne dieser Verfügung erlaubt, die gemäß § 6 der Nds. Corona-Verordnung vom 30. Oktober 2020, zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Januar 2021 (Nds. GVBl. S. 3) zulässigen, privaten Zusammenkünfte zu begehen. Es wird lediglich der Zeitraum eingeschränkt, in dem die privaten Zusammenkünfte stattfinden können, und damit die Anzahl der privaten Kontakte („Besuchs-Hopping“) sowie deren Intensität reduziert.

Von einer (samt-)gemeindescharfen Differenzierung ist hingegen abzusehen, da persönliche Kontakte immer auch (samt-)gemeindeübergreifend stattfinden und landkreisweit ein hoher Inzidenzwert von über 200 zu konstatieren ist. Diesen gilt es schnellstmöglich wieder zu senken, um auch weiterhin eine effektive Kontaktnachverfolgung gewährleisten zu können.

Zur Klarstellung wird abschließend darauf hingewiesen, dass eine Ausgangsbeschränkung keine Reisebeschränkung darstellt. Den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises Gifhorn ist es weiterhin erlaubt, das Kreisgebiet zu verlassen, sofern das Verlassen bzw. Wiedereinreisen noch vor bzw. nach den jeweiligen Zeitkorridoren (20.00 Uhr – 05.00 Uhr) erfolgt.

Zu Nr. 2:

Die Maßnahmen dieser Allgemeinverfügung sind zunächst bis zum 31.01.2021 befristet, was eine zeitnahe und fortlaufende Überprüfung der getroffenen Maßnahmen von vorneherein gewährleistet. Je nach Infektionsgeschehen ist auch eine Aufhebung bzw. Verkürzung dieser Beschränkungen nicht ausgeschlossen, was jedoch angesichts der aktuellen Entwicklung der Neuinfektionszahlen nicht realistisch erscheint.

Ziel dieser Allgemeinverfügung ist es, die Übertragungswege von SARS-CoV-2 zu unterbrechen und das Risiko einzudämmen, ohne dabei das öffentliche Leben gänzlich zum Stillstand zu bringen. Um dies sicherzustellen, sind die angeordneten Maßnahmen erforderlich und geboten. Mildere, gleich wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks

sind nicht ersichtlich. Diesem Umstand trägt auch die befristete Gültigkeit der Allgemeinverfügung Rechnung, die die Einschränkungen vorerst auf das Nötigste minimieren soll. Die kontaktreduzierenden Maßnahmen stellen für die breite Bevölkerung das derzeit wirksamste Mittel zum Schutz der Gesundheit der Allgemeinheit und zur Aufrechterhaltung zentraler Infrastrukturen dar. Die Allgemeinverfügung ist auch angemessen, da sie nicht außer Verhältnis zu dem in der Allgemeinverfügung angestrebtem Schutz höherwertiger Rechtsgüter wie Leben, Leib und Gesundheit der Bevölkerung steht.

Bekanntmachungshinweis:

Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekanntgegeben (§ 41 Abs. 4 Satz 4 Verwaltungsverfahrensgesetz).

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Braunschweig erhoben werden. Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Sie soll einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben werden. Für die Erhebung der Klage stehen folgenden Möglichkeiten zur Verfügung:

1. Schriftlich oder zur Niederschrift

Die Klage kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts erhoben werden. Die Anschrift lautet: Verwaltungsgericht Braunschweig, Wilhelmstraße 55, 38100 Braunschweig. Der Klage sollen diese Allgemeinverfügung im Original oder in Kopie und so viele Abschriften der Klage mit ihren Anlagen beigefügt werden, dass alle Beteiligten eine Ausfertigung erhalten können.

2. Auf elektronischem Weg

Die Klage kann auch durch E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur durch Zuleitung über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach erhoben (EGVP) erhoben werden.

Hinweis:

Gemäß § 28 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 8 IfSG hat eine Klage gegen die vorgenannten Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung.

Sie können beim Verwaltungsgericht Braunschweig gemäß § 80 Abs. 4 und 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stellen.

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