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Artenschutz: Ein großer Tag für winzige Aale

NIEDERSACHSEN. Sie messen etwa sechs bis sieben Zentimeter, sind nur 0,3 Gramm schwer und die große Hoffnung von Elbanrainern und Forschern. Mit Hilfe von Glasaalen soll der erheblich geschrumpfte Aalbestand in der Elbe wieder aufgebaut werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sowie Mitglieder der Gemeinschaftsinitiative Elbefischerei (GI-Elbe) haben am Dienstag (12. März) am West- und am Ostufer der Elbe sowie in vielen Nebengewässern rund 160 kg Glasaale in die Elbe ausgesetzt. Startpunkt der Aktion, die zum 14. Male stattfand und erneut von der Kammer koordiniert wurde, war Bleckede (Kreis Lüneburg). Die Gesamtkosten liegen bei 43.000 Euro. Diesen Betrag bringt die GI-Elbe auf, zu der sich Fischer, Angler, Fischereirechtsinhaber und weitere Förderer zusammengeschlossen haben.

Zeitgleich zu der Aktion in Bleckede wurden weitere 256 kg Glasaale in die Elbe ausgesetzt. Verantwortlich für diese Aktion ist das Land Niedersachsen. Somit wurden insgesamt 416 kg, umgerechnet mehr als 1,2 Millionen Tiere, zur Sicherung des Aalbestandes ins Wasser entlassen. Eine Bewertung der Aalabwanderung für die Elbe im Juni 2018 hatte ergeben, dass die Ziele der EU-Aalverordnung zum Wiederaufbau des Europäischen Aalbestandes nur durch zusätzliche Maßnahmen erfüllt werden können.

Neben Niedersachsen führen auch andere Bundesländer im Einzugsbereich der Elbe – Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Berlin – Aalbesatzmaßnahmen durch. Die Ergebnisse aller Anstrengungen, den europäischen Aalbestand dauerhaft zu sichern, lassen sich frühestens in einigen Jahren abschätzen. Hoffnung macht die Tatsache, dass zu Saisonbeginn im Dezember 2018 Rekordfänge in der französischen Glasaalfischerei gemeldet wurden.

Die Bestände des europäischen Aals sind überall in Europa seit Jahrzehnten erheblich zurückgegangen. Forscher diskutieren ungefähr ein Dutzend verschiedene Ursachen, darunter klimatische Veränderungen, die Fischerei, Parasiten, natürliche Feinde wie die Kormorane sowie die Wasserkraft, deren Turbinen einen großen Teil der abwandernden Aale verletzen und damit die natürliche Wanderungsbewegung der Tiere erschweren.

Von Januar bis ins Frühjahr hinein werden die winzigen durchscheinenden Glasaale an den Küsten und in den Flussmündungen Frankreichs, Spaniens und Englands gefangen. Die Aale für die Besatzaktion in Bleckede stammen von der französischen Atlantikküste. Von dort reisen sie gekühlt im Fischtransporter an die Elbe. Entlang deren West- und Ostufer, in den Altarmen und in Nebengewässern wie Jeetzel und Krainke wachsen die Jungaale auf und können später als erwachsene Blankaale die Elbe in Richtung ihres Laichgebietes im Atlantik wieder verlassen.

Der Elbestrom gilt als vorzügliches Aufwuchsgewässer und eignet sich nach Ansicht der LWK-Fischereiexperten besonders gut für den Aalbesatz: Die Wasserqualität hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten ständig verbessert. Und mit dem Wehr in Geesthacht existiert auf dem Weg zum Meer nur ein Absperrbauwerk. Dort erleichtert je ein Fischpass an beiden Ufern den Weg der Aale in ihr Laichgebiet.

Der europäische Aal (Anguilla anguilla) gibt der Wissenschaft noch immer viele Rätsel auf. Verstärkt arbeiten europäische Forscher an der künstlichen Nachzucht des Aals, doch die kommerzielle Nutzung ist noch Zukunftsmusik. Der Lebenszyklus des Aals ist komplex. Er laicht in der Sargassosee, das ist ein Meeresgebiet im Atlantik östlich Floridas und südlich der Bermuda-Inseln. Wo genau die Tiere sich dort paaren und die Larven schlüpfen, ist unbekannt.

Die durchsichtigen, weidenblattartigen Larven werden vom Golfstrom nach Osten getragen, erreichen nach etwa zwei bis drei Jahren die europäischen Küsten und entwickeln sich zu Glasaalen. Gelingt es ihnen, die Flusssysteme hinaufzuziehen, werden die kleinen Glasaale durch Pigmentierung dunkel. Die Oberläufe der Flüsse sind ihre Aufwuchsgebiete, die sie nach sechs bis zwölf Jahren als erwachsene Aale verlassen, um wieder über die Nordsee und quer über den Atlantik zum Laichgebiet zu wandern.

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