Zum Inhalt springen

Internationaler Großeinsatz zur Bekämpfung von Cybercrime – über 1.000 Beamtinnen und Beamte im Einsatz

GÖTTINGEN. Am Dienstag, den 20. August 2019 haben die Zentralstelle Internet- und Computerkriminalität (Cybercrime) der Staatsanwaltschaft Göttingen und die Zentrale Kriminalinspektion der Polizeidirektion Göttingen in neun Bundesländern sowie in Litauen und Kroatien umfangreiche strafprozessuale Maßnahmen durchgeführt. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren, das seit September 2018 gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Niedersachsen im Zusammenhang mit der Internetplattform „xplosives.net“ geführt wird. An den Maßnahmen waren über 1.000 Polizeikräfte verschiedener Sicherheitsbehörden beteiligt. Den Sicherheitsbehörden ist es dabei gelungen, die Domain des Boards zu beschlagnahmen und so den künftigen Zugriff auf die Website zu unterbinden.

Der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius, sagte nach dem erfolgreichen Abschluss der Maßnahmen: „Ich bedanke mich bei allen eingesetzten Kräften für diese breit angelegte und vor allem sehr erfolgreiche Aktion. Illegale virtuelle Marktplätze, seien sie für Waffen, Drogen oder Sprengstoffe – wie die Plattform, gegen die sich der heutige Einsatz gerichtet hat -, sind im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich. Wir haben diese Szene mit unseren Spezialisten im Verbund der Länder und auch international im Blick und ergreifen die nötigen Maßnahmen, das hat der heutige Tag erneut gezeigt. Internet und Darknet sind keine rechtsfreien Räume! Die Polizei ist bereits jetzt für den Kampf gegen Cyberkriminalität gut aufgestellt. Wir haben in der Polizei in den vergangenen drei Jahren mehr als 150 zusätzliche Stellen in den Bereichen IT-Forensik, Datenanalyse und verwandten Bereichen besetzt. Wir brauchen diese Experten, um Täter, die mit immenser krimineller Energie und auf hohem technischen Level ihre illegalen Plattformen betreiben, fassen zu können.“

„Die Einrichtung der drei niedersächsischen Zentralstellen zur Cybercrime-Bekämpfung bei den Staatsanwaltschaften in Verden, Osnabrück und Göttingen hat sich national und international bewährt“, erklärte die niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza. „Rechtlich und technisch komplexe Sachverhalte führen zu umfangreichen Ermittlungsverfahren, welche nur durch die Bündelung hochqualifizierter Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie den Einsatz modernster Technik bewältigt werden können. Vorbildlich hat die Staatsanwaltschaft Göttingen als Herrin dieses Ermittlungsverfahrens heute unterstrichen, dass sie diesen Anforderungen in jeder Hinsicht mehr als nur gerecht wird“, so Havliza weiter.

„Die Bedeutung von Ermittlungen im Bereich der Cyberkriminalität hat in den vergangenen Jahren rasant zugenommen. Dabei sind es vor allem koordinierte Maßnahmen über Ländergrenzen hinaus, die es ermöglichen, dieser Entwicklung wirksam entgegenzutreten. Das Vorgehen gegen die Plattform „xplosives.net“ ist dafür beispielgebend“, erklärt Uwe Lührig, Präsident der Polizeidirektion Göttingen. „Nur durch das Zusammenwirken von Sicherheits- und Ermittlungsbehörden in neun Bundesländern sowie vier Nationalstaaten konnte es gelingen, gegen Betreiber und Nutzer der Website vorzugehen und so den Handel von Sprengstoffen, Waffen und Betäubungsmitteln auf diesem Wege zu unterbinden. Ein wesentlicher Teil dieses Erfolgs lag darin, den Zugriff auf das Board dauerhaft zu unterbinden. Dafür spreche ich allen beteiligten Stellen meinen Dank aus. Durch die Bündelung von Fachwissen und Einsatzkräften konnten wir deutlich zeigen, dass das Internet keineswegs ein rechtsfreier Raum ist.“

Die Domain gehört zu einem Online-Forum, auf dem umfangreich und detailliert die Herstellung von Sprengstoffen und synthetischen Betäubungsmitteln dargestellt wird. Zudem wird das Board, das im Internet für jedermann abrufbar ist, für den Handel mit Betäubungsmitteln und chemischen Grundstoffen genutzt. Aktuell sind dort circa 3.000 Mitglieder registriert, von denen sich im Jahr 2018 ungefähr 360 Nutzerinnen und Nutzer aktiv beteiligt haben. Darüber hinaus liegen Hinweise auf wiederkehrende „Spreng Conventions“ in der realen Welt vor, die durch zahlreiche im Internet hochgeladene Videos dokumentiert werden. Ferner fand die Plattform auf einschlägigen Seiten auch in Verbindung mit dem G20-Gipfel im Jahr 2017 in Hamburg Erwähnung.

„Durch unser Vorgehen gegen die Plattform, ihre Betreiber und einzelne Nutzer machen wir unzweifelhaft deutlich, dass es der Polizei im Rahmen ihrer Ermittlungsarbeit gelingt, Straftäterinnen und -täter aus der vermeintlichen Anonymität des Internets herauszuholen“, erklärt Kriminaldirektor Matthias Schroweg, der Leiter der Zentralen Kriminalinspektion der Polizeidirektion Göttingen. „Grundlage dieses Erfolgs waren eine intensive und ausdauernde Ermittlungsarbeit sowie die enge Zusammenarbeit einer Vielzahl von Beteiligten, die von Beginn an reibungslos verlief. Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen für ihren außerordentlichen Einsatz. Dies gilt ganz besonders für alle Kräfte, die an den heutigen Maßnahmen beteiligt waren. Durch ihre gute Arbeit ist es gelungen, ein wichtiges Zeichen zu setzen, dass Straftaten im Internet nicht nur erkannt, sondern auch konsequent verfolgt werden.“ Die auf der Plattform angegebenen Inhalte begründen den Verdacht, dass Straftaten gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, das Waffengesetz, das Sprengstoffgesetz und das Betäubungsmittelgesetz begangen werden. Im Rahmen bundesweiter und internationaler Polizeimaßnahmen wurden nun gegen die Betreiber der Plattform sowie Nutzer, gegen die ein konkreter Anfangsverdacht für die Begehung entsprechender Straftaten besteht, Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse des Amtsgerichts Göttingen vollstreckt. Im Zuge der Maßnahmen wurden insgesamt 21 Personen im Alter von 17 bis 55 Jahren überprüft.

Auch der Leiter der Staatsanwaltschaft Göttingen, Dr. Stefan Studenroth, betont die gute und professionelle Zusammenarbeit aller am Verfahren Beteiligten und ergänzt: „Ein derart aufwändiges Ermittlungsverfahren kann nur erfolgreich geführt werden, wenn Engagement und spezielle Fachkenntnisse zusammentreffen, wie dies in der Göttinger Zentralstelle zur Verfolgung herausragender Internet- und Computerkriminalität der Fall ist.“ Zentralstellenleiter Oberstaatsanwalt Dr. Ingo Rau begrüßte die gute internationale Zusammenarbeit der beteiligten Ermittlungsbehörden: „Dieser Verfahrenskomplex macht deutlich, wie sehr die Zukunft deutscher Strafverfolgungsbehörden – gerade im Bereich der Internetkriminalität – von professioneller internationaler Zusammenarbeit abhängig ist. Cybercrime hält sich weder an nationale noch an internationale Zuständigkeitsregeln.“

Eine erste Auswertung der Durchsuchungsergebnisse hat den Fund von Grundstoffen in erheblicher Menge zur Herstellung von Spreng- und Betäubungsmitteln, Sprengstoffe, Betäubungsmittel und Waffen sowie Speichermedien ergeben. Es wurden insgesamt 34 Objekte bei 22 Tatverdächtigen durchsucht (während des Einsatzes ergaben Erkenntnisse einen weiteren Tatverdächtigen und weitere Tatobjekte).

Vorläufige Ergebnisse der noch laufenden Durchsuchungen: Grundstoffe zur Herstellung von Spreng- und Betäubungsmitteln

  • 127 kg Grundstoffe zur Herstellung von Sprengmitteln
  • Grundstoffe für TATP
  • ca. 100 verschiedene Grundstoffe, u.a. Salpeter-, Salz- und
  • Schwefelsäure, zudem Kanister mit unbekannter Substanz, Kartoffelkanone
  • 600g Urotropin,
  • 1,1kg Kaliumchlorat
  • 1,7 kg graues Pulver (bisher noch unbekannt)
  • 386g Magnesiumcarbonat
  • ca. 10kg Kaliumchlorid
  • ca. 2-3 kg Ammoniumnitrat

Sprengstoffe

  • ca. 200 „Polenböller“
  • ca. 2kg Blitz-Knall-Salz
  • ca. 200g Schwarzpulver
  • Pyrotechnik im 2-stelligen KG-Bereich
  • Ca. 20 Gramm HMTD (Initialsprengstoff),
  • 20 Gramm ETN (gewerblicher Sprengstoff)
  • Sprengkapsel, Zündschnüre

Betäubungsmittel

  • 30 kg Grundstoffe, die zur Herstellung von synthetischem BtM dienen können

DV-Geräte / Speichermedien

  • diverse Speichermedien, PC, Laptop, Festplatten, USB-Sticks, Speicherkarten, Fotokamera mit SD-Karte
  • Server

Waffen / -teile

  • Langwaffen
  • Kleinkalibermunition
  • PTB-Waffe SEG 9mm,
  • Gehäuse für Gewehr M 16
  • Einhandmesser

Alle Tatverdächtigen werden nach Abschluss der Maßnahmen wieder entlassen.

ots

Hinweis zu der Meldung
Diese Seite zeigt gesponsorten Marketing-Inhalt, Quell- und Informationslinks sowie extern eingespielte Banner und Flash-Anzeigen.